7 Jahre Holacracy – Melanie Klühe zieht im Interview Bilanz
Unic geht ins siebte Jahr mit Holacracy. Zeit, Bilanz zu ziehen. Was hat sich mit der neuen Arbeitsform verändert? Wie können sich Unternehmen aus ihren formalisierten Strukturen befreien? Welche Herausforderungen und Vorteile birgt diese Organisationsform, und die Transformation selbst? Diese und andere Fragen beantwortet Melanie Klühe, Client Partner bei der Unic, im folgenden Interview. Erfahre, warum eine eigenverantwortliche Organisation die eigene Arbeit beschleunigt und warum das neue Betriebssystem Holacracy dazu einlädt, entdeckt zu werden.
Welche Erfahrungen habe ich mit Holacracy gemacht?
Nach meiner Rückkehr zu Unic im Jahr 2017 erlebte und gestaltete ich den Übergang von den traditionellen hierarchischen Strukturen zu unserer heutigen holakratischen Organisation hautnah mit.
Die Einführung von Holacracy bei Unic stellte für mich persönlich einen bedeutenden und positiven Wendepunkt dar. Dieses innovative Organisationsmodell hat nicht nur unsere Unternehmensstruktur radikal verändert, sondern auch einen signifikanten Wandel in unserer Kultur und Arbeitsweise bewirkt. Es hat mir und meinen Kolleg:innen ermöglicht, in einer Umgebung zu arbeiten, die Flexibilität, Selbstständigkeit und Effizienz fördert – Eigenschaften, die in traditionellen hierarchischen Systemen oft an ihre Grenzen stoßen.
Mein Bestreben ist es, gemeinsam mit meinen Kolleg:innen ein Umfeld zu schaffen, in dem jede:r Einzelne sein volles Potenzial entfalten kann. Dabei liegt unser Fokus darauf, die gemeinsamen Ziele von Unic zu verfolgen, unabhängig davon, ob es um Projektarbeit oder interne Aufgaben geht.
Welche Vorteile sehe ich für mich persönlich mit Holacracy?
Schon in meiner ersten Phase bei Unic hatte ich mehrere Positionen – heute Rollen genannt - inne. Es blieb aber kaum Zeit für ein Engagement in anderen Themen, die mich interessieren. Heute kann ich mich beispielsweise für die interne Fortbildungsplattform »Unicversity« einsetzen, auch ohne eine spezifische Rolle zu bekleiden. Zudem komme ich, wenn ich etwas vorantreiben möchte, viel schneller zum Ziel. Es liegt an einem selbst, etwas Einzubringen, dazu sind Spannungen in »Tension-Driven-Meetings« der Schlüssel. Es braucht zwar immer etwas Mut, aber dafür gewinnt man in der Regel auch einzelne Kreismitglieder für sein Vorhaben.
Die verschiedenen Austauschformate, Meetings und Kommunikationsarten sind durchweg von Wertschätzung geprägt.
Melanie Klühe, Senior Sales Consultant
Was sind die größten Herausforderungen für mich sowie für Unic mit Holacracy?
Die Einführung von Holacracy stellte sowohl für mich persönlich als auch für Unic eine beträchtliche Herausforderung dar. Es verlangte von uns, gewohnte Denkmuster zu überwinden und uns auf eine grundlegend neue Arbeitsweise einzulassen. Eine der größten Hürden war der Übergang von einer deutlich hierarchischen Führungsstruktur zu einem Modell, das Führung auf verschiedene Rollen und Verantwortlichkeiten verteilt. Entscheidungen werden nun dort getroffen, wo das umfangreichste Wissen und die größte Expertise liegen, was eine Abkehr von der traditionellen Top-Down-Entscheidungsfindung bedeutet.
In Bezug auf die Teamführung innerhalb von Holacracy musste ich neue Wege finden, um Führung effektiv auszuüben. Holacracy erlaubt es jedem, unabhängig von der hierarchischen Position, fachliche Führung in seiner Rolle zu übernehmen. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass es bei Führung weniger um die Kontrolle von Personen geht, sondern vielmehr darum, Teams zu befähigen, selbstständig ihre Ziele zu erreichen.
Wo würde ich heute rückblickend ein besonderes Augenmerk darauflegen?
Ein wesentliches Element von Holacracy ist der konstruktive Umgang mit Spannungen. Anders als in traditionellen Organisationsstrukturen, wo Spannungen oft als hinderlich betrachtet werden, erkennen wir in ihnen eine Quelle der Energie für Wandel und Verbesserung. Holacracy hat uns beigebracht, Spannungen gezielt einzusetzen, um Arbeitsprozesse zu verfeinern und Innovation zu fördern. Es ist demnach wichtig, speziell bei neuen Mitarbeiter:innen Spannungen so zu verankern, dass diese als Chance betrachtet werden; nicht als etwas Negatives.
Aber auch die Kommunikation verändert sich, sie wird bei der Unic stetig optimiert. Und sie muss grundsätzlich wertschätzend sein. Warum ist das so wichtig?
Ein konkretes Beispiel für die Wirksamkeit von holakratischer Kommunikation bei Unic ist die Art und Weise, wie wir Meetings abhalten und Entscheidungen treffen. Meetings sind strukturierter und zielorientierter, wobei jeder Teilnehmer eine klare Rolle und Verantwortung hat. Diese Struktur fördert eine effiziente Entscheidungsfindung und stellt sicher, dass alle Stimmen gehört werden – wertschätzend versteht sich.
Für Unternehmen, die sich auf die Reise machen, empfehle ich ...
Unbedingt die Mitarbeitenden von Beginn an mit auf die Reise zu nehmen. Toll bei Unic fand ich, dass für die Einführung Videos zur holakratischen Organisationsthemen gedreht wurden und man sich auch mit Wissensfragen spielerisch an das »Betriebssystem Holacracy« annähern konnte. Nicht unwichtig; die Mitarbeitenden benötigen für sich genügend Austauschgefäße, gerade um persönliche Erfahrungen und Wissen untereinander auszutauschen. Und ja, das jeweilige Unternehmen sollte sich in Geduld üben; die neue Arbeitswelt will nicht nur verstanden, vielmehr entdeckt werden.