Content-Sprints: Webseiten fokussiert optimieren
Zu einem funktionierenden Content-Lifecycle gehört es, Webinhalte regelmässig zu optimieren. Deshalb suchen viele Unternehmen nach Lösungsansätzen, wie sie die Content-Optimierung sinnvoll organisieren können. Bei der Schweizerischen Post haben wir für die Content-Optimierung das Format der "Content-Sprints" eingeführt. Dafür haben wir das Scrum-Framework sowie dessen Herzstück – die Sprints – für unseren Kontext adaptiert. Wie wir vorgegangen sind und was es für einen erfolgreichen Content-Sprint braucht, lesen Sie in diesem Artikel.
Web-Inhalte regelmässig «warten» und optimieren
Content auf Webseiten will regelmässig «gewartet» werden. Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Inhalte aktuell und relevant bleiben: für das Unternehmen, aber auch für die Nutzer:innen. Manchmal reichen punktuelle Anpassungen, die sporadisch vorgenommen werden. Wenn aber Themenbereiche grundlegend aktualisiert und optimiert werden müssen, bietet sich ein strukturiertes Vorgehen an.
Die Schweizerische Post hat auf ihrer Website www.post.ch über tausend Inhaltsseiten. Diese müssen im Sinn eines funktionierenden Content-Lifecycle regelmässig überprüft und aktualisiert werden. Um zu testen, ob sich das Vorgehen aus der Software-Entwicklung auch für die Content-Optimierung bei der Post eignet, haben wir einen dreiwöchigen "Content-Sprint 0" durchgeführt.
Content-Sprints: Elemente aus dem Scrum-Framework
Unter Content-Sprints verstehen wir wie bei Scrum eine Zeitspanne, in der ein Team zusammenarbeitet, um ein Ziel zu erreichen. Bei unserem "Sprint 0" war das Ziel, 20 überarbeitete Seiten im Content-Management-System (CMS) der Post eingepflegt zu haben. Dafür haben wir uns drei Wochen Zeit gegeben.
Der Prozess beinhaltete nebst der eigentlichen Überarbeitung ein redaktionelles Review, ein fachliches Review und das Einpflegen im CMS. Nachgelagerte Schritte waren die Übersetzung sowie das definitive Publishing. Ausserdem verfolgten wir mit den Sprints das Ziel, die Fertigkeiten der Redaktor:innen im Bereich UX-Writing zu vertiefen.
Unser Prozess war fix vorgegeben, die Schritte waren definiert und für alle jederzeit einsehbar. Zusätzlich haben wir folgende Elemente aus dem Scrum-Framework übernommen:
Werte: Wir haben Prinzipien der Zusammenarbeit festgehalten.
Scrum-Team: Wir haben Rollen und Verantwortlichkeiten definiert.
Artefakte: Wir haben mit Backlogs, Schätzungen, Sprint-Zielen und der «Definition of Done» gearbeitet.
Events: Neben dem eigentlichen Sprint haben wir weitere Events abgehalten, wie zum Beispiel das Sprint Planning, die Daily Meetings und Retrospektiven.
1. Werte: Nach diesen Prinzipien arbeiten wir
Wie im Scrum-Framework vorgesehen, haben wir auch für unsere Content-Sprints Prinzipien der Zusammenarbeit definiert. Transparenz, Commitment und Autonomie bildeten den Kern.
Transparenz: Wir wollen zu jedem Zeitpunkt transparent sein und Ziele, Prozessfortschritt und anstehende Aufgaben offen kommunizieren. Deshalb nutzen wir Tools wie Miro, Microsoft Teams und Microsoft Sharepoint und arbeiten nach Kanban.
Commitment: Unser Ziel ist klar vorgegeben und die Projekt-Mitglieder geben ihr Bestmögliches, um das Ziel zu erreichen. Wir teilen Aufgaben auf und unterstützen uns gegenseitig.
Autonomie: Im Team arbeiten wir selbstständig. Die einzelnen Team-Mitglieder erledigen ihre Aufgaben eigenständig und setzen Prioritäten.
2. Scrum-Team: Diese Rollen braucht es
Für unseren Content-Sprint haben wir folgende Rollen mit den beschriebenen Verantwortlichkeiten besetzt:
Redaktor:innen:
Überarbeiten die Seiten gemäss definierter Kriterien und den Inputs aus dem Briefing
Strukturieren die Inhalte mit vorhandenen Modulen
Content Scrum Master:
Stellt sicher, dass der Rahmen für die Content-Überarbeitung gegeben ist und der Prozess eingehalten wird
Organisiert Meetings und moderiert sie
Prüft die Texte der Redaktor:innen und gibt Feedback
Wirkt als Content Coach und hilft bei Fragen
Zudem haben wir folgende Stakeholder identifiziert:
Produktverantwortliche:
Halten im Rahmen eines Briefings die Ziele aus Business-Sicht fest
Stehen den Redaktor:innen für inhaltliche Fragen zur Verfügung
Prüfen, ob die Überarbeitungen inhaltlich korrekt sind
Publisher:innen:
Bauen die Seite gemäss dem Vorschlag der Redaktor:innen im CMS
Publizieren die Seite
Übersetzer:innen:
Übersetzen die Seite in die entsprechende Zielsprache
3. Artefakte: Hilfsmittel der Zusammenarbeit
Wie bei Scrum haben wir mit einem Backlog mit Schätzungen, Sprint-Zielen und einer «Definition of Done» gearbeitet. Unser Backlog bestand aus rund 30 Seiten, die wir anhand von Kriterien wie Relevanz oder Dringlichkeit priorisiert haben. Die Redaktor:innen haben ihre Aufwände geschätzt und ihre Zeit so eingeteilt, dass sie den Backlog innerhalb des Sprints abarbeiten konnten. Unser Ziel war, wie bereits genannt, 20 Seiten zu überarbeiten, bereit für die Übersetzung respektive das Publishing ("Definition of Done").
4. Events: Diese Gefässe nutzen wir zum Austausch
Bevor wir mit dem Sprint 0 gestartet sind, haben wir im Rahmen eines Sprint Planning eine Auslegeordnung gemacht. Wir haben den Prozess besprochen, die Arbeitspakete aufgeteilt und sämtliche Hilfsmittel präsentiert. Die Texte im Backlog haben wir so auf die Redaktor:innen aufgeteilt, dass sie ihr jeweiliges Fachwissen am besten einbringen konnten.
Die Daily Meetings haben wir – anders als der Name vermuten lässt – nicht täglich, sondern dreimal in der Woche abgehalten. Die Meetings haben dazu gedient, den Projektfortschritt zu messen und Updates zu geben. Da das Content-Team noch nie nach der Scrum-Methode gearbeitet hat, haben wir die Meetings jeweils auch genutzt, um Fragen zu klären.
Nachdem wir den "Sprint 0" abgeschlossen hatten, haben wir im Rahmen einer Retrospektive den Sprint Revue passieren lassen. Wir haben reflektiert und festgehalten, was wir gut gemacht haben und wo wir auf Probleme gestossen sind. Wir haben Chancen und Stolpersteine aufgedeckt und notiert, wie wir diese für den nächsten Sprint angehen möchten.
Die Content-Sprints haben sich als wertvolles Instrument im Content-Lifecycle erwiesen. Wir haben einen Rucksack voller neuer Erkenntnisse gesammelt.
Carmen Candinas
Senior Content Strategist, Unic
Das haben wir in Sprint 0 gelernt
Wir haben Sätze gekürzt, Formulierungen vereinfacht und Botschaften präzisiert. Wir haben Seiten-Strukturen hinterfragt und Module ausgetauscht. Nach der dreiwöchigen Testphase hatten wir 21 optimierte Seiten, die bereit waren für die Übersetzung und das Publishing.
Die Content-Sprints haben sich als wertvolles Instrument im Content-Lifecycle erwiesen. Wir haben einen Rucksack voller neuer Erkenntnisse gesammelt. Folgende Learnings können wir für uns festhalten:
Content-Sprints gehen nicht nebenher
Um Webseiten zu überarbeiten, braucht es Zeit und Fokus. Die Redaktor:innen müssen fokussiert arbeiten können, damit sie sich in die Aufgabenstellung eindenken können. Sie sollten die Content-Sprints nicht als Zusatzaufgabe neben dem Tagesgeschäft empfinden. Sie brauchen Zeit, um sich dediziert dem Backlog widmen zu können. Die Herausforderung besteht darin, den Trade-off zu schaffen zwischen Tagesgeschäft und der Content-Überarbeitung. Das geht zum Beispiel, indem man Sprints dann durchführt, wenn erfahrungsgemäss weniger los ist. Oder man plant mehr Redaktor:innen ein.
Eine solide Vorbereitung ist wichtig
Das Backlog muss für den Content-Sprint akkurat vorbereitet und priorisiert sein. Das heisst:
Die zu überarbeitenden Webseiten müssen in praktische Vorlagen abgefüllt sein.
Die Fachverantwortlichen müssen mit an Bord geholt werden. Ihr fachlicher Input sollte in Form eines Briefings eingeholt werden.
Eine Ablagestruktur, auf die alle Zugriff haben, muss aufgesetzt werden.
Ausserdem muss der Sprint-Prozess klar dokumentiert, die Rollen und Hilfsmittel gut aufbereitet und zugänglich für alle sein. Um die Redaktor:innen fit für die Aufgabe zu machen, haben wir sie vor dem Sprint im Bereich UX-Writing und SEO geschult.
Content Scrum Master als potenzieller Flaschenhals
Damit die Redaktor:innen ihre Fertigkeiten im Bereich UX-Writing verbessern konnten, hat der Content Scrum Master die Texte jeweils auf definierte Kriterien geprüft. Zwischenzeitlich kam es so zu Verzögerungen, da viele Texte gleichzeitig überprüft werden mussten. Eine Möglichkeit, den Engpass zu überwinden, besteht darin, diese Verantwortlichkeit auf eine andere Rolle auszulagern und mehrfach zu besetzen. Oder man integriert die Review-Aufgabe in die Rolle der Redaktor:innen, sobald sie sicher genug auf dem Thema sind.
Nach den Sprints ist vor den Sprints
Unser erster Test-Sprint hat das Potenzial des Formats Scrum für die Content-Überarbeitung bei der Post aufgezeigt. Die Zeitspanne mit drei Wochen war etwas knapp bemessen, um finale Empfehlungen zu sprechen. Wir nehmen die Feedbacks aus "Sprint 0" mit und passen Dinge an. In den kommenden Sprints 1 und 2 wird sich dann zeigen, ob sich das Vorgehen für die Post langfristig bewährt.
Im Content-Sprint konnten wir testen, ob unsere angepassten Prozesse funktionieren. Wir können nun besser entscheiden, wie wir die Content-Erstellung in Zukunft organisieren möchten. Die Redaktor:innen haben durch die enge Betreuung eine steile Lernkurve hingelegt.
Marijana Sladic
Digital Consultant, Die Schweizerische Post