Mit strukturiertem Content trumpfen
Für den Relaunch von energieschweiz.ch hat das Redaktionsteam viel Energie in die Content-Überarbeitung gesteckt. Eine Content-Strategie, neue Formate und ein Content-Management-System mit Headless-Architektur haben frischen Wind in die Webredaktion gebracht. Wir haben Laura Curau, Fachspezialistin Digitale Medien bei EnergieSchweiz, zum Interview getroffen und eine erste Bilanz nach Go-live gezogen.
Content strukturiert erfassen und wiederverwenden
Die Energielandschaft ist hoch dynamisch. Mit euren Inhalten auf energieschweiz.ch wollt ihr mobilisieren, informieren und motivieren. Inwiefern gelingt euch das mit dem neuen Headless CMS besser?
Laura Curau: Mit dem neuen Content-Management-System arbeiten wir näher am Content. Wir fokussieren uns darauf, Content wiederzuverwenden, um verschiedene User Journeys abzudecken. Beispielswiese haben wir auf der Startseite Frequently Asked Questions (FAQ), die wir auch auf anderen Seiten nutzen. In der Konzeptionsphase des Projekts haben wir solche Formate und Elemente geschaffen.
Dank dem neuen Headless CMS funktioniert auch die Anbindung von externen Systemen besser. So können wir unsere Publikationsdatenbank, die wir mit dem Bundesamt für Energie teilen, einfacher anbinden.
Beim Thema Headless CMS werden oft die Vorteile aus Frontend- und Backend-Sicht thematisiert. Worin siehst du die Vorteile für Editor:innen und Content-Manager:innen?
Die strukturierte Content-Erfassung und die Wiederverwendbarkeit von Content sind für mich die grössten Vorteile. Auch die Möglichkeit, verschiedene Sprachversionen innerhalb eines Inhalts zu erstellen, gefällt mir gut.
Ich war ein Fan von 'What-you-see-is-what-you-get' im Frontend. Ich mochte es, als Content-Editorin direkt im Frontend des CMS Texte zu bearbeiten. Von dieser Vorgehensweise müssen wir uns lösen. Was auf den ersten Blick nachteilig klingt, ist für mich ein grosser Vorteil. Denn so konzentrieren wir uns zuerst auf den Text und nicht auf das Design.
Die Konzeption beeinflusst die Flexibilität des Content Models
Du hast es bereits erwähnt: Statt Seiten gibt es bei Headless CMS strukturierte Daten. Ist es euch schwer gefallen, nicht mehr in Seiten, sondern "Content first" zu denken?
Ja schon, da wir URL-orientiert arbeiten, insbesondere aus SEO-Gründen. Wir denken noch klassisch in Seiten, die wir manuell pflegen. Unsere Seitentypen und -elemente haben eine definierte Hierarchie, die nicht beliebig veränderbar ist.
Wichtiger ist für uns aber, dass wir den Fokus weg von der Startseite genommen haben und mehr in Themenbereichen, in 'Hubs' denken. Nutzer:innen beginnen ihre Journey nicht zwangsläufig auf unserer Startseite. Entweder ist jemand via Social Media auf eine Story oder ein Tool gelangt oder über den Newsletter auf eine News-Seite. Wir möchten den Nutzer:innen auf unseren Hubs relevanten Content bieten. Da haben wir noch grosses Potenzial. Noch hört die User Journey schon am Ende eines Textblocks auf. Dem wollen wir flächendeckend entgegenwirken, indem wir auf jeder Seite weiterführende Inhalte ergänzen. Aber da ist unser Content Model noch etwas starr.
Was meinst du damit? Hast du dir da mehr Flexibilität vom Headless CMS erhofft?
Weil wir das dafür notwendige Modul in der Erstkonzeption nicht umgesetzt haben. Um nun noch solche Änderungen an einigen Seitentypen durchführen zu können, braucht es einen Content Model Change. Dieser wiederum hat Auswirkungen auf den Code. Das bedeutet, dass wir die Phasen 'Development' und 'Akzeptanztest' (UAT) durchlaufen müssen, bevor wir eine Änderung auf die produktive Umgebung ausrollen können. In solchen Fällen würde ich gerne mehr per Drag-and-Drop arbeiten können.
Wir wollten zu Beginn des Projekts strikte Regeln definieren. Mittlerweile möchten wir unseren Content Manager:innen mehr Freiheiten einräumen, damit sie Seiten und Themenbereiche flexibler gestalten können. In diese Richtung werden wir das Content Model weiterentwickeln und revidieren. Das ist ein aufwendiger Prozess, da das Frontend lernen muss, mit diesen Änderungen umzugehen. Diese 'Aufräum-Arbeiten' gehen aber in Ordnung. Die Nutzer:innen merken davon nichts.
Hatte das neue CMS Einfluss auf eure Redaktionsprozesse?
Das strukturierte Inhaltsdenken kennen viele externe Redaktor:innen noch nicht. Sie schreiben einfach eine A4-Seite und die soll dann auf die Website. Das gibt es so aber nicht mehr. Wir arbeiten nach Vorlage und nutzen spezifische Elemente.
Bei uns ist es so, dass die Call-to-Action-Elemente in Form von Akkordeons einen besonderen Stellenwert auf einer Seite einnehmen. Da möchten wir die Leser:innen näher an eine Handlung bringen. Entsprechend haben wir diese Call-to-Action-Elemente so getextet, dass die Leser:innen Lust bekommen, sich energieeffizient zu verhalten und erneuerbare Energien zu nutzen. In einem Fliesstext würden sie die Botschaft weniger gut auffassen.
Das strukturierte Inhaltsdenken kennen viele Redaktor:innen noch nicht. Sie schreiben einfach eine A4-Seite und die soll dann auf die Website. Das gibt es so aber nicht mehr.
Laura Curau
Fachspezialistin Digitale Medien, EnergieSchweiz
Vorschau ja – aber ohne Editiermöglichkeit
Für Content-Ersteller:innen ist die Vorschau (Preview) einer Seite essenziell. Bei Headless CMS könnte man davon ausgehen, dass es keine Vorschau-Ansicht gibt, da die Komponenten voneinander getrennt sind. Ist das so?
Die Vorschau muss man einfach bauen. Die Preview ist für uns Content Manager:innen sehr wichtig, da wir die Qualität der Inhalte sicherstellen müssen. Es kann ja sein, dass das Design mal anders reagiert. Mit einem Headless CMS hat man eine Vorschau, aber nicht die Möglichkeit, im Frontend Texte zu bearbeiten. Das ist für uns kein Problem und braucht nur etwas Geduld. Die Preview Build dauert etwa 20 Sekunden, dann können wir die Vorschau kontrollieren. Das reicht aus, denn in 90 Prozent der Fälle wissen wir, wie die Änderungen aussehen wird.
Headless CMS und Storytelling gehen Hand in Hand
Ein Headless CMS zeichnet sich dadurch aus, dass man den Content zentral verwalten und kanalunabhängig verbreiten kann. Gutes Storytelling setzt jedoch voraus, dass man seine Geschichte dem Kanal und der Zielgruppe anpasst. Ein Widerspruch?
(Überlegt) Innerhalb der Website sind die Nuancen so klein, dass der Mehrwert, den Content wiederzuverwenden, grösser ist als der Vorteil der Personalisierung. Formen der Personalisierung finden sich bei uns dort, wo wir die Inhalte verbreiten.
Ein Beispiel: Auf unserer Website haben wir uns für die Ansprache unserer Leser:innen für das 'Sie' entschieden. Es gibt aber einige Themen, die wunderbar in der Du-Ansprache funktionieren würden. Vom Aufwand her wäre es für uns nicht zielführend, diese Variation im CMS zu verwalten. Auf Social Media jedoch verwenden wir die Du-Ansprache, wenn wir den entsprechenden Inhalt verbreiten. Wenn man den Aufwand aber betreiben möchte, dann kann man den zielgruppenspezifischen Content im System erfassen.
Also nein, ich habe nicht das Gefühl, dass es ein Widerspruch ist. Wiederverwertung meint ja auch nicht, dass man alles 1:1 wiederverwendet. Manchmal ist es nur eine Zahl oder ein Link. Man nutzt zum Beispiel einen Call to Action auf verschiedenen Seiten, erfasst ihn aber nur einmal. Am wenigsten wiederverwenden kann man Fliesstext. Der wird bei uns spezifisch für eine Ausspielung geschrieben.
Mit dem Headless CMS habt ihr eine ausbaufähige Grundlage geschaffen. Welche Art von Inhalten können wir in Zukunft von EnergieSchweiz erwarten?
Wir nutzen das System für spannende Inhalte. Seien das Geschichten oder Tipps, mit denen wir die Leser:innen noch besser über Energie-Themen informieren und sie zum energieeffizienten Handeln motivieren möchten. Interessent:innen können regelmässig auf unsere Seite kommen und neue Inhalte entdecken oder erhalten die Neuigkeiten per Newsletter monatlich zugestellt. Das Energie-Thema ist momentan sehr präsent und die Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Leser:innen steigt. Da werden wir mit unserem Content trumpfen.
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